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Nichts wusste ich von der Welt die mich erwartete. Zum Glück.

träume leben
Geschrieben von Sabrina

Träume. Lebe.

Repeat until satisfied.

 

2015

Ich schaue in den blauen Himmel der sich hinter dem Haus über den Bäumen auftut.

Mein Blick wandert nach unten auf meine Hände, sie sind in ein tiefes pink gehüllt.
Die geschnittene rote Bete liegt auf dem Brett vor mir. Ich sitze auf dem Boden meines Wohnzimmers, frühstücke und denke nach.

träume leben

Im Hintergrund läuft der Soundtrack von Into The Wild.

Ich muss über die Träume nachdenken die ich als kleines Mädchen hatte. Damals, als ich zu Hause über die grüne Wiese lief, die Füße schmutzig, die Haare geflochten, der Kopf in den Wolken.

1994

Die Gardine vor meinem Fenster schiebe ich vorsichtig und leise zur Seite. Staunend schaue ich in den Nachthimmel aus meinem Kinderzimmer. Die Sterne leuchten verheißungsvoll, der große Wagen steht am Himmel über mir.

Nichts wusste ich von der Welt die mich da draußen erwartete.

Zum Glück.

Während ich am Tage Schmetterlinge beim Fliegen zusehe und mich Abends total knülle in meine Garfield Bettwäsche einkuschel‘, träume ich mich in ferne Abenteuer.

Morgens von den ersten Sonnenstrahlen wach gekitzelt kann ich es kaum erwarten:

Ein neuer Tag.

träume leben

2007

Mit den Jahren die vergehen wächst auch die Verantwortung für mein eigenes Leben, für die Erfüllung meiner eigenen Träume. Kaum abwarten kann ich das Ende meiner Schulzeit. DANN, ja DANN geht’s richtig los.

Aber was eigentlich?

Der Einzug in meine erste eigene Wohnung bringt mir Selbstvertrauen und ich bin stolz, den glänzenden Schlüssel zu meinen ersten eigenen 4 Wänden in den Händen zu halten.

Mit den Wochen schleicht sich eine vertraute Gewohnheit ein. Der Schlüssel glänzt nur noch bedingt, in der Küche türmt sich das Geschirr und das ungewohnte Gefühl monatlich Rechnungen öffnen und diese fristgerecht bezahlen zu müssen, bringt einige Hürden mit sich.

Die Zahlen auf meinem Kontoauszug haben ein komisches Minuszeichen vor sich. Auf dem Bildschirm des Bankautomaten steht viel zu oft Soll statt Haben und ich weiß erstmal gar nicht so richtig was das bedeutet.

Ja, von jetzt auf gleich mit nur 170€ im Monat auszukommen ist wahrlich ein Kunststück. Wie oft bin ich vom Trapez gefallen..

Ich bin 20 Jahre alt.

Auf dem Balkon im vierten Stock meiner Wohnung sitzend schaue in den Himmel und versuche Sterne in der Nacht Berlins auszumachen.

Es ist schwer. Ich sehe sie kaum noch, die Sterne.

Dunkel erinnere ich mich zurück an die Zeit, in der ich mich in diese Welt hinausträumte.

Ist das der Lauf des Lebens, so wie es eben sein muss?

Ist das das Leben das sich auftut wenn die Träume aus Kindertagen verblassen und das Vertrauen, alles erreichen zu können, irgendwo während der Schulzeit auf der Strecke geblieben ist?

Nach der 13. Klasse wusste ich wie ich eine Integralrechnung auflöse und wie die Natrium-Kalium-Pumpe des Körpers funktioniert.

Das alles interessiert mich nicht.

Mit dem letzten Tag der Schule habe ich das Kapitel dieses Buches für immer zugeschlagen.

Was sich dann auftat, war eine große Leere. So leer wie der Himmel über Berlin erscheint, so leer schienen meine Träume nur allzu oft für meine Zukunft, mein eigenes Leben.

Wenn du am Ende des Monats schon das Geld für den nächsten aufgebraucht hast, hast du 2 Möglichkeiten: alles hinschmeißen, oder alles geben.

Ich nahm beschissene Jobs an um mich irgendwie über Wasser zu halten. Zu groß war mein Stolz meine Eltern anzupumpen. Im größten Notfall hab ich nach Geld gefragt. Ansonsten gab es eben 2 Wochen lang nur Haferflocken mit Wasser.

Was soll’s.

Die morgendlichen Sonnenstrahlen werden mittlerweile durch dicke, schwere Vorhänge draußen gehalten.

Ich kann einfach nicht aufstehen.

Ich drehe mich um. Ziehe mir die Decke über den Kopf und möchte nicht denken, nicht fühlen.

Der neue Tag kann mich mal.

2010

Nach abgeschlossener Ausbildung packe ich die Sachen in Berlin.

Mir fällt ein Fotoalbum in die Finger. Ich blicke zurück auf all die Urlaubserinnerungen die meinen Lebensweg säumen.

Wo bin ich nur vom Weg abgekommen?

Ich hatte so große Träume, Wünsche, wollte raus in die Welt. Wollte ein anderes Leben führen als andere, wollte glücklich sein und Abenteuer erleben.

Jetzt sitze ich hier, 3 Jahre nach meinem Abitur.

Wie ich eine Integralrechnung löse weiß ich schon lange nicht mehr, aber wenigstens bringen die Tränen meine Natrium-Kalium-Pumpe wieder etwas ins Gleichgewicht.

Ich schlage das Fotoalbum zu und lege mich auf den Boden meiner mit Kartons gefüllten Berliner Wohnung.

Jetzt. Vielleicht beginnt ja jetzt das Leben. Lehrjahre sind keine Herrenjahre heißt es immer. Vielleicht geht es jetzt los.

2013

Drei weitere Jahre sind vergangen. Ich bin gereist, habe viel erlebt, habe viel gelernt. Vor allem über mich, über das Leben.

Mathematische Formeln langweilen mich immer noch. Ich schreibe, ich lese, ich studiere.

Ich bin 25 Jahre alt.

Meine dritte lange Beziehung ist gerade den Bach runter. Ich fühle mich frei. Seit langem endlich wieder frei.

Nicht unbedingt weil die Beziehung zu Ende ist, sondern weil ich mir erlaube frei zu sein.

Die letzten 2 Jahre seit dem Ende meiner Ausbildung habe ich wahnsinnig viel über mich gelernt. Und über das Leben.

Langsam beginne ich ein Gefühl dafür zu entwickeln was es heißt, Verantwortung für meine Träume zu übernehmen. Ich beginne Gedanken zu formen die es mir ermöglichen, über meinen Tellerrand hinauszuschauen.

2015

In den letzten 8 Jahren hatte ich 10 verschiedene Jobs und habe mich oft nach wenigen Wochen schon wieder nach dem nächsten umgesehen.. in der Hoffnung, dass mich dieser endlich erfüllen wird.

Pustekuchen.

Ich kann das einfach nicht. Für etwas arbeiten, dass mir im Grunde am Allerwertesten vorbei geht.

Mit jedem neuen Job keimte eine winzige Hoffnung in mir auf, vielleicht DEN Job für mich gefunden zu haben. In Wahrheit war es aber nur ein weiterer Platzhalter in meinem Lebenslauf und eine gute Ausrede, nicht auf’s Amt scheißern zu müssen.

Ich hasse Abhängigkeit. Ich mag es überhaupt nicht von einem Amt finanziell abhängig zu sein. Es ist toll, dass es dieses Auffangsystem gibt. Aber ich fühle mich damit einfach nicht wohl. Vielleicht hätte es mir gut getan, für eine gewisse Zeit „nichts“ zu machen, um herauszufinden was ich eigentlich will.

Aber das ständige Suchen nach diesem einen Traum, den ich als Kind in den Sternenhimmel träumte, schien eine unlösbare Aufgaben zu sein. Und je mehr ich versuchte sie zu lösen, desto dunkler schien der Himmel über mir zu werden.

Heute bin ich 27 Jahre alt.

Ich sitze auf dem Boden meines Wohnzimmers, schaue auf meine in tiefes pink gehüllten Finger. Ich lasse den Blick in die Ferne schweifen und blicke hoch in den Himmel der sich über den Bäumen auftut.

Endlich scheint die Sonne wieder in mein Fenster.

Kein Vorhang. Nichts.

träume leben

All die schlaflosen Nächte, all das Winden und Weinen und das verzweifelte Suchen. All die Schmerzen des sich nicht zugehörig Fühlens in dieser Gesellschaft. Ich sehe sie. Ich fühle sie. Ich bin dankbar für jeden Moment in dem ich mich ihnen konfrontiert sah.

Das ist mein Weg. Und jeden Stein den ich umdrehen musste, jeden Fluss den ich überqueren und jeden Sturm den ich miterleben durfte, all das hat mich hierhin gebracht.

In dieses Wohnzimmer. Mit den pinken Fingern, an diesem Morgen.

Mit dem Haufen an Flohmarktsachen die sich hinter mir türmen und die ich verkaufen werde. Mit dem mühsam angesparten Geld, dass mir meine Reise finanzieren wird. Mit diesem Blog der mich antreibt, mich motiviert und der mich unendlich dankbar und glücklich macht. Mit jedem Leser, ob still oder etwas lauter.

Mit dem Soundtrack von Into The Wild im Hintergrund, der mich wieder träumen lässt.

Während ich diese Zeilen geschrieben habe, ist die Sonne untergegangen.
Am dunkler werdenden Himmel zeichnen sich die ersten Sterne ab. Staunend schaue ich aus dem Fenster meines Zimmers. Der große Wagen steht über mir.

Nichts weiß ich von der Welt dich mich dort draußen erwartet.

Zum Glück.

 

Was sind deine Träume? Lebst du sie? Bist auf dem Weg dorthin? Hinterlasse mir gern einen Kommentar, ich freu‘ mich drauf.


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